Im Roman wäre Tom Ripley gerne Richard Greenleaf. Er ermordet ihn, schlüpft in dessen Rolle und kommt damit durch. In der Realität wäre Peter Altmaier gerne Ludwig Erhard. Er übernimmt dessen Amt, hat aber nicht das geringste Talent und alle merken es.
»Nur die Sonne war Zeuge« nannte René Clément seine filmische Adaption des Kriminalromans »Der talentierte Mr. Ripley« von Patricia Highsmith. Als Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier Anfang Februar 2019 seine »Nationale Industriestrategie 2030« vorstellte, wäre es für alle Beteiligten in der Tat das Beste gewesen, wenn nur die Sonne als Zeuge zur Verfügung gestanden hätte. Bedauerlicherweise jedoch waren sämtliche Kameras, Mikrofone und Fotoapparate in Berlin auf den Minister gerichtet, als sich dieser coram publico wie ein Schuljunge blamierte.
»Altmaier hat doch von Marktwirtschaft keine Ahnung.«
»Altmaier hat doch von Marktwirtschaft keine Ahnung.« ist ein Satz, den man alsbald schon außerhalb des Berliner Regierungsviertels zu hören bekommt. Teilweise sogar von Politikern. Vor allem aber äußern sich viele mittelständische Unternehmer in dieser Weise über den Bundeswirtschaftsminister. Die meisten sprechen in diesem Ton nicht einmal hinter vorgehaltener Hand über ihn. Und sie haben recht. Der industriepolitische Kurs, den Peter Altmaier als »Strategie« bezeichnet und entsprechend mit dem Brustton der Überzeugung vorschlägt, strotzt geradezu von Staatsinterventionismus (Subventionen, Verstaatlichungen, sektorale Monopolisierung, etc.). Einen Essay dazu von uns findet man hier: »Peter Altmaiers Appetit auf Staatswirtschaft« und einen Kommentar hier: »Peter Altmaiers gesammelte Visionen«.
Danke, aber »Nein, danke!«
Doch vor wenigen Tagen geschah etwas, was den fachlichen Totalausfall Altmaiers im Kabinett Merkel IV auch nach außen hin endgültig zementieren dürfte. Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, hierbei handelt es sich um Peter Altmaiers hauseigener Think Tank―ihm gehören insgesamt 35 Professorinnen und Professoren an―, veröffentlichte am 4. April 2019 auf seiner Homepage einen Brief an den Minister vom 8. Februar 2019. In diesem Brief bedankt sich das Beratergremium zuerst formvollendet bei seinem Dienstherrn für eine Diskussion, die dieser offensichtlich am Tag zuvor mit seinen Beratern geführt hat. Danach zerlegen die Experten die Nationale Industriestrategie 2030 ihres Chefs in ihre Einzelteile. Und sie lassen nichts von ihr übrig. Absolut nichts! Hier ein Link zu dem besagten Brief:
Zwar habe man aus fachlicher Sicht grundsätzlich gar nichts gegen Industriepolitik einzuwenden, so die Beiratsmitglieder. Aber! Und es ist ein recht ausführliches und umfangreiches »Aber«. Tatsächlich, und es bedarf dazu keiner sonderlich ausgeprägten Sensitivität, liest sich der Brief nach dem Aber wie eine Generalabrechnung. Da lassen die wirklichen Fachleute im BMWi Dampf ab. Und wer könnte es ihnen verdenken? Ludwig Erhard war Ökonom, folglich dachte er auch ökonomisch. Peter Altmaier hingegen ist Jurist. Er denkt eben juristisch. Das ist ohne Zweifel eine Leistung, die es zu würdigen gilt. Nichtsdestotrotz befähigt sie ihn nicht jenes Ministerium zu führen, welches er führt.
Weil der offene Brief der Sachverständigen für sich selbst spricht, soll an dieser Stelle nicht weiter auf seinen Inhalt eingegangen werden. Es genügt völlig auf ihn zu verweisen. Doch wir halten es für angebracht den Brief zum Anlass zu nehmen, um eine Debatte zu fordern. Und zwar über die offensichtliche Notwendigkeit Fachleute ins Amt eines Ministers zu berufen anstatt Dilettanten mit Parteibuch.
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